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Klimarisiken für Kulturschaffende

Was sind Klimarisiken?

Betrachtet werden Risiken, die von außen auf Kulturinstitutionen und andere Branchenvertretungen einwirken – es wird die sogenannte Outside In-Perspektive eingenommen.
Im Gegensatz dazu steht die Inside-Out-Betrachtung – also: Wie wirkt meine Institution und ihre Beschäftigten durch ihre Tätigkeit nach außen?

 

Physische Risiken des Klimawandels

  • Klimarisiken betreffen Kulturinstitutionen im Sinne von akuten, punktuell auftretenden Wetterereignissen wie Hochwasser, Extremhitze oder Stürmen
  • Langanhaltende Klimaveränderungen wie veränderte Niederschlagsmuster und steigende Durchschnittstemperaturen werden als chronische Klimarisiken bezeichnet

Transitorische Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel

Eine zweite Art von Klimarisiken entspringt aus der gesellschaftlichen Transformation zur Klimaneutralität. Klima ist hier also der indirekte Auslöser für die langfristige Umgestaltung der Wirtschaft und Gesellschaft, wobei Kultur ebenfalls von den Auswirkungen der Transformation mit betroffen ist.

Transitorische Risiken unterteilen sich in:

  • Regulatorisch politisches Risiko, z.B. Pflicht zur Veröffentlichung der CO2-Bilanz 
  • Marktpreisrisiko, z.B. durch steigende Energiepreise
  • Reputationsrisiko, z.B. Erwartungen des Publikums und der Öffentlichkeit nach klimafreundlicher Kulturproduktion
  • Technologisches Risiko z.B. Kosten durch emissionsarme Technik

Klimasteckbriefe

Beispiel-Klimasteckbrief
Titelseite eines Klimasteckbriefs zur Niederschlagsentwicklung © ReKIS
Beispiel-Klimasteckbrief
Titelseite eines Klimasteckbriefs zur Temperaturentwicklung © ReKIS

Physische Klimarisiken in der Kulturbranche

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

Als kritische akute physische Klimarisiken wurden identifiziert:

  • Punktuelle Extremwettereignisse wie Starkregen und Hochwasser, Stürme und extreme Hitze
  • Gefahr besteht einerseits in möglichen Schäden an (historischen) Gebäuden und Außenanlagen wie Parks und Gärten
  • Zudem entsteht das Risiko der Absage oder Verschiebung von geplanten Veranstaltungen (nicht nur Open-Air) bei Extremwetter
  • Folge dieser Gefahren für die Kulturinstitutionen sind vor allem finanzielle Mehrkosten

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

Bei den chronischen Risiken sind besonders relevant:  steigende Temperaturen, häufigere Dürrephasen und feuchtere Winter.

  • Gefahren aus diesen langfristigen klimatischen Veränderungen liegen in vermehrtem Schädlingsauftreten, wodurch Konservierungsmaßnahmen von Sammlungen z.B. in Museen und Bibliotheken erhöht werden müssen
  • Auch die generellen Klimatisierungs- bzw. Konservierungsmaßnahmen müssen mit steigenden Temperaturen und zunehmend heißen Sommern erhöht werden, was einen erhöhten Energie- und damit Kostenbedarf nach sich zieht
  • Auch Versicherungskosten für Sammlungsgüter und Gebäude werden sich absehbar erhöhen
  • Zuletzt und dies ist gravierend, steht durch lange Dürreperioden auch die Stabilität der teils historischen Fundamente und Gebäude von oft denkmalgeschütztem Kulturgebäuden in Frage. Diese Auswirkung betrifft dann nicht nur finanzielle Budgets, um das Risiko aufzufangen, sondern der öffentliche Auftrag z.B. eines Museums kann im Falle von baulicher Instabilität nicht mehr erfüllt werden. 

Transitorische Klimarisiken in der Kulturbranche

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

In Interviews und in der Recherche wurden als kritische Klimarisiken aus der Transformation zur dekarbonisierten Gesellschaft identifiziert:

  • Technologische und Marktpreisrisiken, indem die energetische Sanierung von häufig alten oder gar historischen Gebäuden hohe zusätzliche Kosten verursachen wird.
  • Durch die besondere Situation der Eigentumsverhältnisse von größeren Kulturinstitutionen in Landes- oder kommunaler Verwaltung sind die Entscheidungen zu Sanierung und Kosten selten allein in den Kulturhäusern zu treffen.
  • Der zu erwartende Anstieg von Energiepreisen sowie Materialkosten in der Beschaffung (z.B. Holz) am Markt wird ebenso viele Institutionen empfindlich treffen, sind doch die Jahresbudgets der Häuser abhängig von vorgebebenen Regularien wie der sächsischen Haushaltsordnung.

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

  • In Bezug auf die Verwaltungsstruktur wird ein zweites relevantes transitorisches Klimarisiko benannt: die von politischer Ebene initiierte Pflicht für eine transparente Berichterstattung zu Klimadaten und klimabezogenen Leistungen öffentlich finanzierter Kulturorganisationen. In der Folge ist klimabezogenes Wissen und Kompetenz in den Institutionen selbst zu sammeln, um dieses Risiko steuern zu können und auch Forderungen von oder an die Kulturträger vermitteln zu können.
  • Erste freiwillige Berichte von Branchenvertretungen finden Sie in der Sektion Beispiele aus der Praxis.
  • Auch ein neues Erfolgskriterium für Kultur ist vorstellbar. Erfolg würde sich zukünftig nicht mehr an Publikumszahlen, Premieren oder Ticketverkäufen bemessen, sondern an der Nachhaltigkeit eines Hauses bzw. seiner künstlerischen Produktionen. Interessant ist dabei, dass dieses »Risiko« sogar als eine aktive Forderung aus der häufig schon für Klimaschutz motivierten Kulturbranche selbst entspringen kann.

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

  • Als ein drittes relevantes transitorisches Klimarisiko wurde die Erwartung des Publikums und der Öffentlichkeit benannt. Damit ist das Reputationsrisiko gemeint.
  • Mit sich durchsetzender Dekarbonisierung der gesellschaftlichen Aktivitäten, muss sich auch die Kultur mit ihrer Klimaauswirkung stärker beschäftigen und sogar – wie häufig selbst in Anspruch genommen – als Vorreiter im Thema vorangehen. Das Publikum wird aufmerksamer dafür werden, was z.B. ein Theater oder Museum in Sachen eigener Klimaneutralität unternimmt und kommuniziert, unter welchen ökologischen Auswirkungen die Ausstellungen und Produktionen hergestellt werden. Auch die eigenen und freien, künstlerischen Mitarbeitenden können das zukünftig zu einem konkreten Auswahlkriterium ihrer Beschäftigung machen. Der Druck auf Kulturinstitutionen innovative, neue Formate über das »grüne Bewusstsein« hinaus zu entwickeln und ihr Profil dahingehend nach außen zu schärfen, steckt in diesem Risiko als implizierte Anforderung.

Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf Studien sowie Interviews mit Expertinnen und Experten sowie Branchenvertretungen.

  • Nicht zuletzt gilt die mögliche zukünftige rechtliche Anforderung nach mehr Transparenz in Klimafragen als ein viertes relevantes Klimarisiko für Kulturinstitutionen. In Form von zwingenden Energie-Audits kann sich die zu erwartende gesetzliche Verankerung von Energieeffizienz auf öffentlich geförderten Kultureinrichtungen niederschlagen.
  • Auch dieses Risiko wird zunächst mit finanziellen Mehrkosten für die Erstellung der Audits einhergehen, langfristig aber den Aufbau von Wissenskompetenz und die abteilungsübergreifende Sensibilisierung für Energieverbräuche in den Kulturinstitutionen benötigen.
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